Joachim Bandau, Sabian Baumann, Reto Boller, Monika Brandmeier, Carlo Clopath, Frédéric Dedelley, Urs Frei, Marcia Hafif, Joseph Marioni, Martin Mele, Giacomo Santiago Rogado, Studio Anne Holtrop, Studio Mumbai/Bijou Jain, Cornelia Trösch, Nora Wagner, Markus Weggenmann
Dass Kunst von Können kommt ist hinlänglich bekannt; dass Kunst aber auch loslassen können bedeutet, vielleicht eher weniger. Savoir-faire und laisser-faire, ein auf französisch so trefflich formuliertes (Gegensatz-) Paar findet im Deutschen nur unzureichende Übersetzungsvarianten. Umschreibungen wie handwerkliches Können oder gewusst-wie stehen gewähren lassen oder loslassen gegenüber und verdeutlichen diese umständlichen Erklärungsversuche.
Die Ausstellung Savoir-faire & laisser-faire in der Galerie Mark Müller untersucht ebendiese sich wechselseitig bedingenden Pole. Anknüpfungspunkt ist dabei die Überblickschau La confusion des genres, die dem Begriff der Gattung nachgegangen ist. Wie bereits 2015 zeichnen auch dieses Mal die Galerie Mark Müller und der Produktdesigner Frédéric Dedelley für die kuratorische Konzeption verantwortlich. Die aktuelle Auswahl von 16 Künstlerinnen, Architekten, Keramikerinnen, Designern und Gestaltern rückt genreübergreifend die Wechselbeziehung von savoir-faire und laisser-faire in den Fokus. Die vielseitige Auswahl an Objekten des Designs, des Kunsthandwerks und der Kunst zeigt auf, dass der Umgang mit diesem wechselseitigen Verhältnis so unterschiedlich ist, wie die Objekte selbst. Dabei ist die Grenze zwischen savoir-faire und laisser-faire in manchen Arbeiten klar und scharf, in anderen verwischt sie und manchmal kommt das Eine nicht ohne das Andere aus. Zentrale Klammer ist das Material. Ob in der Präsentation der handwerklichen Meisterschaft oder in der Offenlegung materieller Irregularität, der Umgang mit dem Werkstoff verbindet hier savoir mit laisser.
Die Produkt- und Industriedesignerin Nora Wagner fertig Keramikgefässe, die der Tiefentopographie von Schweizer Seen nachempfunden ist. Sie befüllt die Druckerkartusche mit verschieden Tonerden, um dadurch den Farbverlauf des Objekts zu erzeugen. Die Verbindung von präziser 3D Drucktechnik mit der natürlichen Ungleichförmigkeit des keramischen Werkstoffs, führt die fliessende, ja beinahe symbiotische Verknüpfung von savoir-faire und laisser-faire in ästhetischen Keramiken vor Augen.
Carlo Clopaths Gefässe wirken auf den ersten Blick wie massive Steinobjekte. Erst bei genauerer Betrachtung entpuppen sie sich aus Holz gedrechselt. Mit Graphit überzogen scheinen die Schalen scheinbar aus sich heraus zu schimmern. Die klaren Formen und die präzise Ausführung von Clopaths Objekten demonstrieren eine von savoir-faire geprägte Arbeitsweise.
Joseph Marioni hingegen lässt Acrylfarbe in Schichten von oben nach unten über den Bildträger, ja über die Bildkante hinweg fliessen. Der Lauf der Farbe hinterlässt unterschiedlich breite Spuren, an manchen Stellen dicker, an manchen dünner. Marioni setzt dabei den Anfangspunkt, danach bahnt sich das Material Farbe ungehindert seinen Weg. Der Architekt und Designer Bijoy Jain wiederum setzt sich mit Fragen nach Ressourcen und Material auseinander. Ausgehend von der traditionellen indischen Handwerkskunst überführt er das Moskitonetz in einen neuen Kontext. Aus Seide gefertigt, schafft er textile Räume, die das Aussen und das Innen aufheben. Auch Anne Holtrop pflegt einen ungewöhnlichen Umgang mit Werkstoffen. Seine skulpturalen Objekte entziehen sich einer klassischen Zuordnung und bewegen sich an der Schnittstelle zwischen Möbel und Kunst. Holtrops Arbeit in der Ausstellung wirkt auf den ersten Blick wie ein riesiger im Raum platzierter Onyx. Erst auf den zweiten Blick lässt sich die raumtrennende Funktionalität des Designobjekts erkennen. Monika Brandmeiers minimalistisch anmutende Zeichnung hingegen untersucht in einer dreiteiligen Anordnung das Verhältnis verschiedener Farbträger zueinander. Ihre klare Formensprache liefert eine poetische Antwort auf eine mögliche Balance zwischen savoir und laisser.
Die Ausstellung Savoir-faire & laisser-faire lotet Berührungspunkte und Abgrenzungen dieses scheinbaren Gegensatzpaares in überraschenden und lustvollen Ausdrucksformen aus und vereint dabei skulpturale Objekte mit kunsthandwerklichen Gefässen, Malerei und Designgegenständen.
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