7.3. – 18.4.2020
Galerie Mark Müller
Urs Frei
«Urs Frei»
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Die aktuelle Ausstellung in der Galerie Mark Müller lädt zu einem Atelierbesuch bei Urs Frei ein. Es scheint, als habe der Künstler kurzerhand seinen Arbeitsort in die Galerieräume verlegt. Einer Versuchsanordnung gleich, präsentieren die Arbeiten eine Bestandsaufnahme der neusten Werke in Urs Freis prozesshaftem Schaffen.
Dabei dient ihm der gesamte Raum als Präsentationsort, von den Wänden über den Boden und die Decke, bis hin zur grossen Fensterfront, womit die Ausstellung in den Aussenraum tritt. Ovale Arbeiten auf Papier ziehen die Blicke von aussen in den Raum hinein. Die elliptische Aussparung in der Bildmitte lässt Durchblicke auf beide Seiten zu. Diese Beidseitigkeit ist den Werken des Künstlers ebenfalls immanent. Eine klassische Einteilung des Bildträgers in oben und unten oder vorne und hinten ergibt sich erst durch die räumliche und kontextuelle Positionierung der Bilder und kann sich zum Teil entsprechend verändern. Damit hinterfragt der Künstler konventionelle Sichtweisen auf Kunst und eröffnet gleichzeitig mehrfache Lesarten seiner Werke.
Mitgebracht hat Urs Frei neben Arbeiten auf Papier, Leinwand und Holz auch Objekte und Teppiche. Letztere dienen ihm als Unterlage bei seiner Arbeit, worauf er die Bildträger legt und direkt mit Acrylfarbe bemalt. Entstanden aus einer Notwendigkeit, um zu vermeiden, dass der Papierträger am Boden festklebt oder durch den Farbauftrag aufreisst, tritt die Staffage nun als eigenständiges Werk in den Vordergrund. Analog zu den Leiwänden weist die vormalige Unterlage Malspuren auf, lässt Formen mal klar umrissen, mal schemenhaft hervortreten.
Urs Freis Umgang mit Materialen sind keine Grenzen gesetzt. Bestehende Arbeiten werden zerlegt und neu zusammengesetzt mit Fundstücken angereichert und Acryllack überzogen. Gerade Freis Objekte überführen die Farbe in den skulpturalen Kontext, die Einteilung der Genres löst sich auf. Aufgeschnittene Farbdosen reihen sich ebenso in Freis Wandobjekte ein, wie Holzleisten, Draht und Eisenstangen, Blecheimer und Verpackungsmaterial. Kern von Urs Freis Sammeln ist jedoch nicht die Anhäufung von Dingen. Vielmehr interessieren ihn Kombinationsmöglichkeiten, Verbindungen und Zusammenhänge der einzelnen Elemente zu einem Gesamten. «Der wirkliche Künstler ist der Sammler», meinte bereits schon Duchamp. Urs Freis Präsentation zeigt einen sammelnden Künstler, der sich nicht scheut bereits Produziertes neu zu kombinieren, Vorhandenes zu verwerfen und stets neue Verknüpfungen zuzulassen.
Die überbordende Fülle an Objekten, flachen Malereien und skulpturalen Eingriffen lässt die Besucherinnen und Besucher das Atelier des Künstlers erahnen. Für eine kurze Zeit scheinen die Werke ihren Platz gefunden zu haben, bevor Urs Freis Schaffensprozess von neuem wiedereinsetzt.
barbara.ruf@gmx.net