31.8. – 12.10.2019
Galerie Mark Müller
Markus Weggenmann
«flirting with sculptures»
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Die aktuelle Ausstellung in der Galerie Mark Müller widmet sich der Skulptur. Bei Markus Weggenmann ist dies jedoch nicht ein dreidimensionales im Raum platziertes Objekt. Weggenmann überführt die Skulptur in die zweidimensionale Ebene. Skulptural wirkende Bilder, die eine körperliche, ja beinahe physische Präsenz ausstrahlen, treten dem Publikum entgegen. Die Idee des flachen Denkmals und der flachen Skulptur beschäftigt den Künstler in den letzten Jahren vermehrt und bildet die Ausgangslage für «flirting with sculptures». Dieser Flirt wurde letztes Jahr gleich doppelt belohnt. Der Künstler wurde 2018 mit dem Swiss Art Award und einem Werkbeitrag der Stadt Zürich ausgezeichnet.
Mit einer Auswahl von zehn Werken, vorwiegend frisch aus dem Atelier und alle im grossflächigen Hochformat, nimmt Weggenmann den Faden dieses Flirts wieder auf. Dabei steht die Beschäftigung mit der Farbe, wesentlicher Dreh- und Angelpunkt seiner Malerei, im Zentrum. Er verwendet reine Farbpigmente, die er nur schwach bindet. Das Licht wird direkt auf dem Pigment gebrochen und bringt die Farben ohne Öl- oder Acrylschicht ungehindert zum Strahlen. Dies führt neben der visuellen zu einer physischen Wahrnehmung der Arbeiten. Die Farben konfrontieren, fordern heraus, wollen als Gegenüber wahrgenommen werden. Neben der intensiven Leuchtkraft fällt die Sattheit der Farben ins Auge, die den Bildmotiven eine sinnliche Ausstrahlung verleiht. Getrennt durch harte, klare Kanten, erinnern die vielfach komplementären Farbfindungen an Hard Edge Malerei. Auf die weiss grundierte Leinwand, eine zusätzliche Farbe im Spektrum, trägt er frei von willkürlichem Duktus zwei bis drei Farben auf. Für Markus Weggenmann stehen jedoch nicht die Farbkontraste, sondern vielmehr die Farbtemperaturen und ihr Verhältnis zueinander im Vordergrund. Die gegenseitige Ab- beziehungsweise Zugewandtheit ergeben Rhythmen und lassen die organischen Formen beinahe aus dem Bildträger heraustreten. Durch die extreme Intensität der Farbe scheinen die flachen Skulpturen plastisch hervorzubrechen.
Der subtile und sublime Umgang mit Farbe spiegelt Weggenmanns künstlerischen Werdegang. Er hat sich autodidaktisch der Malerei angenähert. Über zehn Jahre prägen die Streifenbilder seine Arbeitspraxis und dienen ihm als Untersuchungsgegenstand für mannigfaltige Farbfindungen. In wiederkehrender Repetition, ja forschender Akribie, eröffnet er mittels der Streifenbilder einen ganz eigenen Zugang zur ungegenständlichen Kunst. Es folgen hochglänzende Lackbilder deren Oberfläche eine weitere Verdichtung von Form und Farbe mit sich bringen. Frei von jeglicher malerischen Unregelmässigkeit laden die grossformatigen Hochglanzbilder zum haptischen Seherlebnis ein und versprühen gleichzeitig eine spröde Kühle.
Seit jeher bilden Skizzen den Ausgangspunkt für spätere Bildwerke. Intuitiv assoziierend lassen sie die Handschrift des Malers erkennen, sowohl malerisch wie bildmotivisch. In grosser Anzahl entstehen diese Entwurfszeichnungen, ein Fundus an Vorlagen, die in mehreren Arbeitsschritten weiterbearbeitet werden.
In «flirting with sculptures» bedient sich Markus Weggenmann (*1953) Referenzen der eigenen Vergangenheit. Die Hippie-Bewegung, eine für ihn prägende Zeit, lässt sich nicht nur in der häufigen Verwendung von verschiedenen Orange- oder Grüntönen erkennen. Ein orangefarbener Teppich kleidet den Boden der Galerieräume komplett aus, ein augenzwinkernder Verweis auf die 60er Jahre. Das nun entstehende Zusammenspiel der Werkserie mit dem vibrierenden Farbton des Bodenbelages, verweist einmal mehr auf Weggenmanns aussergewöhnlichen Umgang mit Farbe. Beinahe oszillierend, rückt die physische Präsenz der Bilder in den Vordergrund und lässt die Körperlichkeit des malerischen Akts mitschwingen.
Für Weggenmann schliesst sich mit der Bildserie der flachen Skulpturen ein Kreis. Aus einer Steinmetzfamilie kommend, wendet er sich als erster der Familie vom plastischen Medium ab, hin zur zweidimensionalen Bildkunst. Malerisch nimmt er sich nun der Frage an, wie im flachen Medium skulpturale Motive in Erscheinung treten können. «Flirting with sculptures» liefert kraftvolle und gleichzeitig sinnliche Antworten darauf.
barbara.ruf@gmx.net