21.4.– 26.5.2018
Galerie Mark Müller
Francis Baudevin
«Halb Tanz»
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Francis Baudevins geometrisch-abstrakte Arbeiten laden in der Galerie Mark Müller zum Tanz ein. Die Ausstellung zeigt die Baudevin’sche Formensprache, die der Künstler seit den späten 80er Jahren pflegt und erweitert sie mit neuen Elementen. So verweisen die beiden Werke Halb Tanz einerseits auf den Titel der Ausstellung und andererseits auf eine Schaffensperiode von über 30 Jahren, in welcher sich Baudevin immer wieder aufs Neue mit wiederkehrenden Themen befasst. Die aktuellen Arbeiten legen mittels der Datierung den seriellen Charakter seiner künstlerischen Praxis offen. Sie beziehen sich aber nicht nur auf wiederkehrende Motive in seinem Schaffen, sondern explizit auf Werke, die zwischen 1988 und 1994 in unterschiedlicher Farbkombination und Grösse entstanden sind. Baudevin appropriiert Baudevin.
Ausgangspunkt seiner Arbeiten sind häufig pharmazeutische Verpackungen, denen er jegliche Schrift entzieht, was zu einer Fokussierung auf die Struktur der Formen führt. Oder anders gesagt, durch das Entfernen der konkreten Werbebotschaft findet eine Überführung in die geometrische Abstraktion statt, die Konzentration auf die Farbe schafft dabei neue Räume. Gleichzeitig vergrössert er die Verpackungen um eine Vielfaches und setzt diesen Schritt meisterlich in Acryl um. Die maschinell erzeugte Verpackung eines Massenprodukts wird bei Baudevin zum Solitär.
Innerhalb dieses strengen Formenvokabulars, das sowohl Anklänge an die Gebrauchsgrafik als auch an die Zürcher Konkreten beinhaltet, lässt er weitere kunstgeschichtliche Verweise durchschimmern. So erinnert etwa die Farbkombination von Somebody New Dancing with You an die Farbpalette bei Vallotton. Das Diptychon Sans Titre eröffnet durch die Zusammenführung zweier Arbeiten einen spannungsvollen Dialog. Fast schon fluoreszierende Effekte erzeugen hingegen die beiden monochromen Arbeiten «Halb Tanz». Die zweidimensionale Fläche des Bildträgers scheint sich mittels der graduellen Farbnuancierung plastisch aus der Leinwand lösen zu wollen.
Hommage à l’art islamique ist, wie eingangs erwähnt, ein neues Element in Francis Baudevins Formensprache. Zwei schwarze Quadrate, wobei deren Mitte ausgespart bleibt, sind leicht zueinander verschoben und formen ein Sternsymbol. Fast ein bisschen verloren wirkt die geometrische Figuration auf dem grossen quadratischen Bildträger. Je länger man sich jedoch in die Betrachtung hineingibt, desto stärker ist der Sog, beinahe meint man eine Bewegung, ein Drehen des Sterns wahrzunehmen. Ein Bild von Olivier Mosset war für diese Arbeit Ausgangs- und Anhaltspunkt, so Baudevin. Mossets kreisrunde Form überführt Baudevin in eine quadratische und erweist dem Künstlerkollegen seine Referenz.
In der aktuellen Ausstellung arrangiert Francis Baudevin sein codiertes Formenvokabular, mittels einer unverwechselbaren Typographie zu einer neuen Syntax. Trotz der scheinbar engen Begrenzung seiner konzeptuellen Arbeitsweise, sind die Möglichkeiten innerhalb dieser Strukturen beinahe endlos. Spielerisch und mit einem Augenzwinkern führt Francis Baudevins Ausstellung «Halb Tanz» einmal mehr die unerschöpfliche Wechselbeziehung von Farben und Formen vor.
barbara.ruf@gmx.net