21.4.– 26.5.2018
Galerie Mark Müller
Blanca Blarer
«Flanken»
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Bewegung im Raum nimmt in Blanca Blarers Werk einen zentralen Platz ein. Ursprünglich aus der Malerei stammend, veränderte sich Blarers Fokus noch während ihres Studiums an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. In Maria Lassnigs Meisterklasse wandte sie sich dem experimentellen Gestalten zu. Blarer erforscht in ihren Kunst-und-Bau-Projekten detailgenau und akribisch den Raum durch Bewegung. Hier verortet die Künstlerin ihre räumlichen Interventionen im Zusammenspiel mit Architektur. Dabei entstehen ironische, spielerische und punktgenaue Kommentare, eine Verdichtung und ein Weiterdenken von Raum, weit über die architektonische Funktionalität hinausreichend. Raum als Bewegung.
In der Ausstellung «Flanken» zeigt Blarer sechs mehrteilige Arbeiten, die durch räumliche Interventionen nicht nur die Frage nach dem Verhältnis von Raum, Bewegung und Werk aufkommen lassen; vielmehr stellt sich innerhalb dieses Dreiecks die Frage nach dem Verhältnis zum Betrachter.
Den Auftakt in der Eingangshalle macht Neapelgelb. Fünf Schwenktableaus, mit einem Basistableau verbunden, lassen sich durch Gelenke individuell bewegen. Durch die Anordnung der fünf Tableaus ergeben sich unterschiedliche Licht-und-Schatten-Spiele, der knallige Gelbton wirkt mal weisslich pastellig, mal flirrend hell, mal fast grünlich. Ammonite spinnt das Thema von Neapelgelb weiter und multipliziert es auf zwei horizontal angeordnete Wandtableaus, einmal sechsteilig, einmal achtteilig. Die titelgebende gräuliche Farbwahl ist zurückhaltend, fast meditativ, der Betrachter Blick verlangsamt sich. Kompakt gruppiert, ziehen die Platten nach oben und vorne, bilden Flanken und wirken aus der Ferne betrachtet beinahe zweidimensional. Die Fragestellung nach der Bewegung im Raum beantwortet die Künstlerin mit minimalen Mitteln und erzeugt dabei eine maximale Wirkung. Während der Ausstellung in der Galerie Mark Müller wird Blarer die Schwenktableaus immer wieder neu anordnen, neue Möglichkeiten und Arrangements erproben. Die Arbeit transformiert zum performativen Objekt, zur räumlichen Intervention, mit unerwarteten Sichtachsen und Perspektivwechseln.
Bereits in der nächsten Arbeit bricht Blarer spielerisch mit dem strengen Formenvokabular durch die Wahl des Materials. In Spiegelflügel ordnet sie je 12 Spiegel an jeweils zwei vertikal übereinander gruppierten Wandspiegel an, die sich wie ein Kaleidoskop auffächern lassen und die Umgebung dabei simultan in ungewöhnlichen Ausschnitten reflektieren. Brüche, Spalten und Spiegelungen lassen den Raum sofort wie eine Wunderkammer erscheinen, die durch die Bewegung der Betrachter immer wieder überraschende Begegnungen eröffnet. Mit Perlweiss kondensiert Blanca Blarer die Erkundung von Raum und Bewegung aufs Wesentliche. An einer Basisleiste befestigt sie ein einziges Schwenktableau. Im Unterschied zu den mehrteiligen Arbeiten steht hier die Materialität der Platte und die malerische Handschrift im Zentrum. Das Licht bricht sich an der perligen Oberfläche, bildet Farbverläufe, hält den Blick. Erneut stellt sich eine Verlangsamung der Beobachtung, der Betrachtung ein. Die Bewegung wird zum Denk-Raum.
barbara.ruf@gmx.net